Kandidaten – Alterscheck

  • 3 May 2014
  • jdroop

In Gütersloh kandidieren 155 Kandidaten zur Kommunalwahl. Das Durchschnittsalter der 154 partei- oder gruppierungsgebundenen Kandidaten liegt bei 51,6 Jahren.

Stellt man eine Rangliste auf, ergibt sich folgendes Bild:

  1. UWG mit einem Altersdurchschnitt von 61 Jahren.
  2. Grüne und BfGT mit einem Altersdurchschnitt von 52 Jahren.
  3. CDU mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren.
  4. SPD, FDP und Linke mit je einem Altersdurchschnitt von 49 Jahren.

Der älteste Kandidat steht auf der Liste der FDP mit Jahrgang 1932, der jüngste Kandidat steht auf der Liste der SPD mit Jahrgang 1994. Ein Unterschied von 62 Jahren. Auch der Unabhängige liegt mit Jahrgang 1949 im Trend der Alterung.

Schaut man auf den Demografischen Wandel in Gütersloh, so liegt das Durchschnittsalter in Gütersloh im Jahre 2011 bei 42,8 Jahren. Nach einer Bevölkerungsprognose zufolge läge der Durchschnitt im Jahr 2030 für Gütersloh bei 46,4 Jahren. (Quelle: Wegweiser-Kommune.de) Die Ratskandidaten aller Parteien und Gruppierungen liegen also deutlich über dem Durchschnittsalter aller Gütersloher heute und in 26 Jahren.

Die größte Häufung älterer Kandidaten liegt in den Altersjahrgängen von 1945 bis 1955. Die UWG-Kandidaten sind hier mit 45% ihrer Kandidaten vertreten, gefolgt von den Grünen und der SPD. Im Altersspektrum zwischen 1955 und 1965 hat die CDU ihren stärksten Anteil. Im Altersspektrum der Jahrgänge zwischen 1965 und 1975 ist die zweitgrößte Welle vertreten, hier ist die BFGT am häufigsten vertreten, dicht gefolgt von den Linken. Der unabhängige Kandidat liegt übrigens im Trend der Alterung.

Das vorliegende Altersspektrum bedeutet u.a., dass mit der Altersdebatte auch in Gütersloh ein häufig diskutiertes Problem des demografischen Wandels greift: die Älteren bestimmen deutlich über die Zukunft der Jungen, die kaum in den politischen Gremien vertreten sein werden (dies auf Grundlage der Wahlkreise). Hier schwingen viele Aspekte mit, es soll damit keine Altersdiskriminierung erfolgen. Geschärft werden sollen jedoch der Blick und das Bewusstsein dafür, dass ggf. Problemlösungen nach alter Tradition gesucht werden. Ausgeblendet werden könnte dabei der zunehmende und deutliche Wunsch der modernen Gesellschaft nach umfassender und früher Informationen sowie echter Teilhabe. Zudem ist ein ganz wesentlicher Punkt zu beleuchten: wie steht es künftig mit der Repräsentativität in den Räten, wenn alleine die Altersfrage ein solches Ungleichgewicht mit sich bringt? In dem Zusammenhang müsste man sich zudem auch die Altersstruktur in den politischen Parteien und Gruppierungen ansehen und analysieren, ob diese Formen der Politikvermittlung überhaupt noch die Gesellschaft erreichen und ihrem hohen Vertretungsanspruch gerecht werden können.

Auch das Vorhandensein eines Jugendparlamentes etwa kann dieses Manko nicht überdecken. Das Jugendparlament wird in der Regel nicht angehört, es gibt zwar öffentliche Protokolle über die Sitzungen, die man nachlesen und damit erahnen könnte, mit welchen Themenschwerpunkten sich die junge Generation beschäftigt, wenn es um die Gestaltung ihrer Heimatstadt geht, wie fließen die aber in die reale Kommunalpolitik ein? Die Frage wäre auch spannend: wie hoch ist eigentlich die Übergangsquote von Aktiven aus dem Jugendparlament in die „reale“ Politik? Das zu beantworten ist schwer, denn es gibt kaum Namenslisten dazu, obwohl bereits das 7. Jugendparlament gewählt wurde.

Hinzukommt die Verweildauer der Politiker im Rat. Hier wird deutlich: die älteren Semester bleiben lange im Rat. Allerdings ist das vor allem erkennbar eine Problematik der „alten“ Volksparteien CDU und SPD, die auf sehr lange Verweildauern zurückblicken.

Die „kleineren“ Parteien oder Gruppierungen „frischen“ sich zwar häufiger mit neuen Kandidaten auf – aber auch hierdurch wird der Altersdurchschnitt nicht spürbar verjüngt. Von aktiver Kommunalpolitik angesprochen fühlen sich offensichtlich eher die Älteren als jüngere Kandidaten.

Weitere Aspekte folgen.

Anke Knopp

Kommentare

Was ich nicht verstehe: macht das Alter einen guten oder schlechen Ratsvertreter aus? Das Geschlecht? Der Beruf? Bitte erklären Sie bei Gelegenheit, was für sie ein gutes Ratsmitglied ausmacht.

Die Initiative Demokratie wagen hat ein sehr wichtiges Thema angestoßen, das viel zu selten vor einer Wahl diskutiert wird (vgl. bisher war nichts Ähnliches in der kommunalen Presse zu lesen!). Dass Fragen der Tugendhaftigkeit den Wähler interessieren, zeigt auch Ihre Fragestellung.
Die Tugend ist weder ein politisches Ziel noch eine Strategie, sie ist eine Voraussetzung für "gutes Handeln" eines Politikers. Weiter erklärte schon Robespierre:"Tugend und Gleichheit sind die Seelen der Repuiblik". Auch die Gütersloher Kommunalpolitiker sind dem Gemeinwohl verpflichtet und müssten folglich tugendhaft sein.
Wie aber steht es um die Moral unserer Ratsmitglieder und Kandidaten, die ausschließlich von Parteien aufgestellt werden (Ausnahme Wahlkreis 60, Herr Bunnemann)? Die meisten fühlen sich nicht an erster Stelle ihrem Gewissen verpflichtet, sondern der Partei, die sie aufgestellt hat (z.B. Fraktionszwang), bei Plattformen sogar überparteilich einem vorübergehenden Bündnis mehrere Parteien.
Viele Kommunalpoliotiker arbeiten in Berufsfeldern, die im Laufe der Rats- und Ausschussarbeit nicht selten gestreift werden, so dass eine Verquickung beruflich und privat nicht prinzipiell auszuschließen ist. Selbst bei Inanspruchnahme der Befangenheit bei beruflich oder privat sensiblen Beschlüssen sind die Befangenen über Vorlagen oder Informationen ihrer Fraktionskollegen oder Ausschussvertreter informiert. Als ehemaliger Ratsherr habe ich selbst erlebt, wie schwierig es ist, 5 Jahre tugendhaft zu bleiben.
Ein besonderes Geschmäckle (manche nennen es auch den Gütersloher Klüngel) hat es, wenn sich Makler, Architekten, Sparkassenmitarbeiter, Lehrer, Mitarbeiter bekannter Gütersloher Groß-, Mittel- und Kleinfirmen im Rat tummeln und in diese Loyalitätskonflikte geraten und der Gefahr unterliegen, das Gemeinwohl für einige Zeit aus den Augen zu verlieren.
Allein der Mangel an Tugend hölt auch die kommunale Demokratie langsam aber sicher von innen aus.
Falls Sie mehr von meinen Ansichten zum NRW-Wahlrecht, meinem persönlichen Kandidatencheck und anderen Aspekten zur Kommunalwahl lesen möchten, schauen Sie unter www.paradiesbauer.de . In der Regel äußere ich mich donnerstags zu politischen Themen.

Jürgen Zimmermann

Was ich mich frage - welcher Job ist den von Ratsarbeit unabhängig und deshalb nicht betroffen von der hier artikulierten Auffassung von vermeintlich "unmoralischen" Engagment? Wenn sogar Lehrer*innen aus Informationsvorsprung durch Ratsarbeit vermeintlich unredlich Vorteile ziehen bin ich gespannt wer das nicht tut.^^ Übrigens ist es meines Wissens eine gängige und empirisch belegte Tatsache, dass Wissensvorsprünge und daraus resultierenden Vorteile im demokratischen Prozess deutlich stärker in Systemen wie LiquidDemocracy etc. zum tragen kommen (also vermeintlich viel "moralischeren" Ansätzen)... aber nun gut. Will keine Grundsatzdebatte anstoßen (zu wenig Expertise meinerseits und zuviel Sympathien für solche Ideen) - aber das hier geäußerte Demokratieverständnis erscheint mir etwas einseitig und teilweise sogar undemokratisch (Lehrer*innen können keine guten Kommunalpolitiker*innen sein weil sie Vorteile aus ihrem Engagment ziehen?!).

@Denis Selent:
Sie führen Liquid Democracy ins Feld. Das hat eine ganz andere Qualität an Einbezug und Öffnung als alle bisherigen Formate. Davon aber ist Gütersloh sehr weit entfernt. Machen Sie sich als Kandidat für die SPD doch mal auf den Weg und führen das System ein, das würde den Diskurs echt befeuern. Und der Fokus läge nicht auf den wenigen Menschen, die jetzt vieles einfach unter sich ausmachen.

Und: Es ist kein Problem, wenn Lehrer im Rat sitzen. Was, wenn es eine Häufung gibt und über Konkurrenzschulen Gegenstand der Beratung sind. Modellschule, Oberstufe etc? Da gab es doch viele KOllegen, die das nicht wollten, eine Oberstufe im Norden!!

Noch interessanter ist das Beispiel der Architekten und Makler. Wollte eine CDU Kollegin nicht auch Dezernentin werden? Das ist schon komisch, oder nicht?

Keine Ahnung wie mein Nachname jetzt hier hingekommen ist, naja ist auch nicht so wild...^^

Daran ist garnichts komisch oder ein Problem. Wenn nur Menschen kandidieren dürfen, die in keinem gesellschaftlichen Kontext "Gegenpole" haben, wird es schwer noch Menschen für die Politik zu finden. Um genau zu sein wäre das quasi unmöglich. Und wenn jemand aus dem politischen Raum sich für ein Amt in einer Verwaltung interessiert ist das auch legitim, solange offene und einsehbare Verfahren dahin führen. Jetzt muss ich als Sozi doch glatt eine CDU-Ratsfrau in Schutz nehmen^^. Nach dieser Begründung müsste man auch verbieten, dass Gewerkschafter*innen in Parlamente gewählt werden/sich wählen lassen. Oder vertreten die nicht die Interessen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe? Da bin ich lieber für offen Verfahren.

Dazu eine kleine Geschichte am Rande zum Thema LiquidDemocracy:
Demokratie wagen hatte damals in der Vorbeireitungsphase zum ersten Bürgerhaushalt LiquidFeedback als technische Plattform vorgeschlagen. Transparent, frei und sehr flexibel.
Doch bekanntermaßen hatte sich dann Zebralog mit einem angepassten Drupal durchgesetzt, was jetzt seit fast 2 Jahren nach der letzten Verwendung weiterhin unter http://buergerhaushalt.guetersloh.de online ist.

Vielen Dank für die Fragen, die Sie stellen. Die Fragen haben auch uns bewegt.

Als Antwort vorweg: Was ein "gutes" Ratsmitglied ausmacht, kann man kaum verallgemeinern.
Ein Ratsmitglied sollte sich für die Belange seiner Kommune einsetzen und nicht eigenen Interessen folgen, dabei seinem Gewissen verpflichtet sein und sich innerhalb der Ratsperiode darüber bewusst sein, dass er/sie ein vom Volk entsendete(r) Mandatsträger(in) auf Zeit ist, der/die sich für sein/ihr
Handeln und Agieren vor seinen Mitbürgern auch verantworten muss.

Ihre Frage zielt darauf ab, was Alter, Geschlecht und Beruf nun damit zu tun haben. Es geht im Grunde um die gesellschaftliche Teilhabe und die Praxis der repräsentativen Demokratie.

Die Analyse in Gütersloh (und übrigens ähnlich in der Mehrzahl der deutschen Kommunen auch) zeigt, dass sich Kommunalpolitik auf ganz Wenige bündelt: Alte, weiße Männer haben die Hoheit über den Ratssaal. Eine gesellschaftliche Teilhabe wird offensichtlich nicht allen ermöglicht. Das hat Tradition. Seit dem Bestehen der Bundesrepublik hat sich diese Besetzung etabliert. Bisher hat das Volk auch
wenig bis zu wenig Einwände dagegen erhoben. Politisch sozialisiert sind die Meisten bis heute so, dass sie die Entscheidung und Mitgestaltung bisher delegiert haben. Das ändert sich gerade.

Die alten Traditionen und Muster sind offensichtlich nicht mehr in der Lage, hochkomplexe Problemstellungen alleine zu bewältigen. Die Gesellschaft wird sich zunehmend bewusst darüber und hat mittlerweile mehr eigene Kanäle, um diesen Unmut zu artikulieren. Zudem bricht die Gesellschaft deutlich auseinander. Das ist keine Spinnerei, sondern ist messbar. Wenn sich diese Teilung nicht aufheben lässt und die Teilhabe Vieler und Vielfältiger verstärkt, setzen wir den sozialen Zusammenhalt unserer Gemeinschaft aufs Spiel. Um diese Ausgewogenheit
wieder ins Lot zu rücken, müssen mehr Menschen einbezogen werden, die ganz unterschiedlich sind. Die Parteien, die Verwaltungen, die Initiativen müssen sich öffnen und Menschen frühzeitig einbeziehen, mit ihnen kollaborieren.

Häufen sich also Alte, Männer und Menschen, die ihre beruflichen Aktivitäten zu offensichtlich mit dem Informatinsvorsprung einer Ratsmitarbeit positiv für sich verbinden, kann das auf Dauer keinen Mehrwert für die Gesellschaft mitsichbringen. Damit wäre auch das Prinzip der Repräsentativität auf den Kopf gestellt. Damit würde auch unsere Demokratie ins Wanken geraten: der Vertrauensverlust in die politische Kaste ist in vielen Studien belegt.

In erster Linie sind daher die Parteien aufgerufen, denen ein hoher Stellenwert in Fragen der politischen Mitwirkung durch das Grundgesetz zugeschrieben wird. Ihr Ausbluten setzt sich in einer einseitigen Besetzung und Entscheidung in den kommunalen Räten fort. Geschlossene und vor allem oft selbstreferentielle Systeme aber sind nicht überlebensfähig.

Daher setzen wir uns ein für eine bunte Vielfalt in den Räten - und das Bewusstsein dafür, dass der kommende Rat leider deutlich alten Mustern entspricht und der Wähler nichts Neues, nichts Repräsentatives wählt. Und damit offensichtlich Stillstand und Besitzstandwahrung Weniger. Nicht gerade der Beweis für mehr Demokratie.

Jetzt frage ich mich aber, wie ein Lehrer (Bethlehem, Büscher), eine Krankenschwester (Fiekas), ein Student (Göcke), ein Rechtsanwalt (Förster, Kottmann, Schulte-Fischediek) oder ein Leiharbeiter (Koch) die Informationen aus dem Rat so "offensichtlich" zu ihrem beruflichen Vorwärtskommen Nutzen, wie Sie es hier beschreiben. Haben Sie genauere Informationen darüber? Sind Ihnen gar konkrete Geschäfte derart bekannt?

Wenn Sie schreiben, dass die Parteien Ihrer Meinung nach nicht den Querschnitt der Gesllschaft abbilden, was sollen die denn machen? Sich zur Erfüllung irgendwelcher Quoten wahllos Leute von der Straße schnappen und zwangsverpflichten? Wie soll das gehen?

Ich denke schon, dass Ihre Frage nicht aus dem luftleeren Raum stammt. Selbstverständlich kann jeder, der eine längere Zeit im Rat gewesen ist für sich behaupten, aus den dort vorgefundenen Informationen, Kenntnissen und Kontakten einen Vorteil erzielt zu haben: nämlich informiert zu sein, Zugänge zu haben, die andere nicht haben und auch nicht in dem Umfang erlangen. Dies wirkt sich selbstverständlich auch auf das private Handeln aus. Es gibt keine Spaltung der Persönlichkeit im Handeln.

Wer glaubt, diese zentrale Funktion sei ohne Belang auf das berufliche Sein der Mandatsträger, stellt sich ahnungslos.

Es geht darum, wie man damit umgeht und wie transparent man macht, wie viele Hüte man bei Entscheidungen aufhat. Und auch darum, wann man sich für befangen hält, über einen Sachverhalt abzustimmen - leider viel zu selten.

Was Parteien machen sollen? Ihre inneren Strukturen überdenken, sich öffnen. Und darüber nachdenken, in welcher exponierten Position sie sich befinden - sie sollten immer noch Vorbilder sein. So war das mal gedacht.

warum treten sie eigentlich nicht an und machen was dagegen?

Wenn Sie die Initiative insgesamt meinen, kann das nur jeder selbt beantworten. Fakt ist, dass sich viele Aktive in der der Initiative zusammengeschlossen haben, um sich einzubringen: sie ist gegründet worden, um außerparlamentarische Opposition zu betreiben - in Zeiten der Finanzkrise, als die Stadt einen externen Berater für viel Geld eingekauft hatte, damit dieser den städtischen Haushalt konsolidieren sollte. Wir meinten aber, hier sollten Bürger deutlich mitsprechen dürfen und haben uns für den Bürgerhaushalt eingesetzt.

Wir hatten kein Mandat und haben uns trotzdem engagiert. Zudem sind viele von uns lange in Parteien aktiv gewesen. Die Hierarchie und die Parteiräson haben wir kennengelernt. Und das politische System. Für Menschen, die einer Sache verpflichtet sind und nicht an Parteimeinungen kleben möchten, ist da wenig Raum. Für Querdenker und Weiterdenker auch nicht. So ist für Manche der Platz außerhalb von Parteien wirkungsvoller.

Wenn Sie der Meinung sind, man sollte sich in Parteien engagieren, um etwas zu ändern, kann ich also aus eigener Erfahrung sagen: Nein. Es geht auch anders. Außerdem haben fast alle ehemaligen Mandatsträger, die wir nach ihrem Austritt aus der Politik nach den Beweggründen für ihren Austritt befragt haben, deutlich erklärt, dass sie nicht wieder in einer Partei aktiv würden. Das Maß der Möglichkeiten sei außerhalb freier und viel kreativer. Das hat uns und auch mir zu denken gegeben. Parteien müssen sich künftig entscheiden, ob sie diesen Weg weitergehen wollen - oder können.

Wieso fragt hier einer, warum die Frau Knopp oder die Initiative nicht selbst antreten? Ist das der Ruf nach dem Einen, der´s richten soll? Falsche Frage.

Wer die Frage stellt, warum wir nicht selber antreten zur Kommunalwahl, sollte vorher fragen, mit welchem Programm wir denn antreten könnten. Ein solches Programm existiert jedoch nicht. Uns eint der Wille und die Lust, uns einzumischen und unsere Meinung zu äußern zu Themen, die uns wichtig sind. Ohne ein Programm mit Standpunkten zu den großen kommunalpolitischen Themen wäre eine Kandidatur jedoch Etikettenschwindel, denn der Wähler würde die Katze im Sack wählen. Mit unserem Kandidatencheck wollten wir deshalb auch prüfen, in wieweit die nun antretenden Parteien und Gruppierungen diesen Ansprüchen gerecht werden. Entscheiden Sie selbst!

Dann stelle ich mal die Frage: und was ist mit den Themen, die ihnen nicht wichtig sind? Über die auch entschieden werden muss? Die auch Einarbeitungszeit voraussetzen? Das gehört auch zur Mandatsarbeit. Schönes Beispiel: der Beschluss zur Freilichtbühne im Mohnspark, während der war die Tribüne voll, danach wurde über den Haushalt beschlossen, da war keiner mehr da. Irgendwas passt da doch nicht.

Ich finde die Arbeit des Vereins wichtig und ich finde es richtig, dass AK und andere Mitglieder versuchen, Licht in das manchmal sehr intransparente Handeln des Rates, das eindeutig nicht typisch für GT sondern typisch für eine alternde Gesellschaft ist, zu bringen.

Ich finde es aber auch gut, solche älteren Herren wie Herrn Bethlehem im Rat sitzen zu haben. Die Verkürzung der Intransparenz- und Demografie-Problematik auf die diskriminierende Formel der älteren weißen Herren schadet aber nur dem Anliegen des Vereins und bedient geschlechtsspezifische Stereotype, die wir aus der abseitigen Gender-Debatte nur zu gut kennen.

Von daher: Die Analyse von AK ist ein wichtiger erster Schritt. Ich werde gespannt den Blog weiter verfolgen, ob der Verein irgendwann die zeitlichen Ressourcen hat, um den Zusammenhang von Demografie und politischen Entscheidungen, die ja auch immer eine Verteilungsfrage implizieren, zu beleuchten.

Gute Arbeit; weiter so!

Es ist verständlich, dass parteigebundenen Kommunalpolitikern die mutige Diskussion, die "Demokratie wagen" begonnen hat,nicht besonders schmeckt.

Ich möchte nicht weiter auf die Berufe der Politiker eingehen, mir reicht es, wenn sie moralisch Gutes von moralisch Schlechtem unterscheiden können, wenn sie sich bei dem kleinsten Anschein einer Verquickung als befangen erklären und alle Informationen (z.B. aus nichtöffentlichen Sitzungen u.a.)niemals für ihre eigenen Zwecke verwenden.

Das Verhalten eines Kommunalpolitikers als Volksvertreter für eine bestimmte Zeit hat die Öffentlichkeit zu überprüfen. Aber im Falle nichtöffentlicher Tagesordnungspunkte ist das natürlich fast unmöglich!

Kann ein Kommunalpolitiker in den Augen eines Wählers mit der geliehen Machtfülle (s.o.) nicht umgehen und der Wähler will diesen zur nächsten Wahlperiode nicht wiederwählen, so ist ihm das nach NRW-Wahlrecht verwehrt, denn er kann nur ein Kreuz für die Partei machen.

Und noch ein anderer Aspekt, warum der Wähler eigentlich keine Wahl hat:

In den NRW-Stadträten und Kreisparlamenten nisten sich häufig dieselben Personen ein, da sie anders als der Wähler zweimal abstimmen können: Einmal vor der Kommunalwahl innerhalb der Partei(Wahlkreiskandiaten und Reserveliste)und zum zweiten Mal während der Kommunalwahl als Wähler.

Schon aus diesen zwei aufgezeigten Problembereichen lässt sich erkennen, wie wichtig eine partizipatorische Parteireform (überparteiliche Verfahren, Bürgerbefragungen, -begehren und -entscheide u.a.) und ein geändertes NRW-Wahlrecht (Personalwahlerweiterung durch Panaschieren und Kumulieren)wäre.

Bekanntlich regieren SPD und GRÜNE in NRW, aber auch von diesen Parteien will man so weitermachen wie bisher!?