Aus für Flughafen-GmbH umstritten

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Neue Westfälische, Gütersloher Zeitung, 21.09.2013

Herzebrock-Clarholz will Beschluss ablehnen / Konversionskongress in der Stadthalle

Gütersloh. Gegen die geplante Auflösung der Flughafen Gütersloh GmbH regt sich Widerstand. Die Verwaltung der Gemeinde Herzebrock-Clarholz hat dem Haupt- und Finanzausschuss sowie dem Rat vorgeschlagen, der für Ende des Jahres erwarteten Auflösung nicht zuzustimmen. Ein solcher Schritt sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehbar.

Dafür wurden mehrere Gründe angeführt: Zurzeit stünde die Aufnahme des zivilen Flugverkehrs nicht in Rede sowie Investitions- und Betriebskosten nicht an. Außerdem werde erst nach Abzug der Briten das Verteidigungsministerium entscheiden, ob die weitere Nutzung als Militärgelände/-flughafen erfolge. Ferner sei auch unter Berücksichtigung des genehmigten Geschäftsflugsverkehrs die Entwicklung eines Gewerbegebiets möglich. Denn Landebahn und Abstandsflächen machten nur einen Teil des Areals aus.

Keinesfalls halte die Gemeinde die Errichtung eines Zivil- oder Frachtflughafens für wünschenswert, betonte Bürgermeister Jürgen Lohmann in der Sitzungsvorlage für den Ausschuss am 24. September und den Rat am 2. Oktober. Sie sehe lediglich die Aufgabe eines erworbenen Rechtes momentan nicht für richtig an.

Der Auflösung der GmbH müssen vier Fünftel der Gesellschafter zustimmen. Herzebrock-Clarholz hält vier Prozent der Anteile. Gütersloh ist noch mit sechs Prozent beteiligt. Der Stadtrat hat jedoch vor wenigen Tagen der GmbH-Auflösung einhellig zugestimmt.

Das geplante interkommunale Gewerbegebiet könnte nach Ansicht der Nachbarkommune für flugverkehraffine Unternehmen interessant sein - etwa für Wartungsarbeiten an Flugzeugen, zumal modern ausgestattete Hangars zur Verfügung stünden.

Auf jeden Fall will sich Herzebrock-Clarholz an der künftigen Entwicklung des Flughafengeländes beteiligen. In dem Punkt bestehe Einigkeit mit der Stadt Harsewinkel. Das habe ein Meinungsaustausch zwischen Lohmann und seiner Amtskollegin Sabine Amsbeck-Dopheide vor knapp zwei Wochen ergeben.

In welchen Umfang die Beteiligung erfolgen könne, sei indes noch nicht klar hieß es. Dafür fehlten noch die Grundlagen. Herzebrock-Clarholz sieht sich zudem verpflichtet, an der weiteren Entwicklung des Aurea-Gebietes mitzuwirken. Daneben müssten die künftigen Vorgaben des Landesentwicklungsplan abgewartet werden.

Unterdessen haben bei einem regionalen Konversionskongress in der Stadthalle rund 60 Teilnehmer - Bürgermeister aus ostwestfälischen Städten und Gemeinden, Vertreter der Bezirksregierung, des Kreises sowie Lokal- und Regionalpolitiker - über die Beispiele und weitere Aspekte des Themas diskutiert.

Einer der Referenten, die in Form von "Best-Practice"-Beispielen aufzeigten, wie Konversion gelingen kann, war Hans-Peter Kaiser, Geschäftsführer des interkommunalen Gewerbegebietes "Grafschafter Gewerbepark Genend" am Niederrhein. "Wir haben die Kirchtürme abgesenkt", beschrieb er den Anspruch, mit dem auch Gütersloh für eine interkommunale Zusammenarbeit bei der Neustrukturierung der Flughafenfläche wirbt.

Bei der Tagung hat sich gezeigt, dass die Lösungen für die Nutzung von ehemaligen Kasernenflächen vielfältig sind. Allen gemein sei der regionale Konsens und Wille, Planungen zügig umzusetzen, um lange Brachzeiten zu vermeiden, hieß es in Mitteilung der Stadt.

Bürgermeisterin Maria Unger wurde darin mit den Worten zitiert: "Nicht nur Gütersloh, sondern auch die Region braucht dringend neue Gewerbeflächen, und auf dem Flughafen bieten sich Möglichkeiten."

Sie verwies auch auf die Ergebnisse aktueller Untersuchungen. Demnach sei ein erheblicher Teil der Flächen von wertvollen Biotoppotenzialen geprägt. Unger: "Dies ist keine Überraschung: Eine Fülle vergleichbarer Konversionsprojekte zeigt, dass über Jahrzehnte sich selbst überlassene Militärflächen sich naturräumlich zu besonderen Standorten entwickeln können. Die Belange des Naturschutzes werden mit den Zielen der Wirtschaftsförderung in Verbindung gebracht werden müssen."

Professor Hanns Werner Bonny von der HafenCityUniversität Hamburg lieferte Informationen zur aktuellen regionalwirtschaftlichen Situation, die er als Situation im Wandel beschrieb. Er gab einen komprimierten Überblick zum Nachfrage- und Flächenbedarf, wobei Baugewerbe oder Logistik mit 49 Prozent zwar den Hauptanteil der Flächen ausmachen, Handwerk und handwerksähnliche Betriebe oder Dienstleistungen vielfältiger Art - von der Anwaltssozietät bis hin zu Arztzentren - für ihn ein besonderes Augenmerk Wert sind.