Pressemitteilung Demokratie wagen!

  • 16 August 2012
  • jdroop

Gütersloh im August 2012
Eigentlich sollte am 25. August der Bürgerhaushalt 2013 in die dritte Runde seit Bestehen starten. Im März 2012 hatten die Fraktionen SPD, Grüne, Linke einer dritten Runde zugestimmt – die FDP stimmte dagegen und UWG und CDU hatten sich enthalten. Jetzt wird der Start verschoben. Bisher ohne genaue Erläuterung der Stadtverwaltung und der Politik dazu. Beginn soll jetzt der 13. September sein.

Wie im Vorjahr wird es ein zwei- Phasen-Modell geben, mit einer Vorschlagphase und einer Abstimmungsphase. Auch diesmal zeigt das Verfahren Schwächen auf:

  1. Der Termin der Bürgerbeteiligung liegt zwei Monate vor der eigentlichen Einbringung des Haushaltes in den Rat. Damit fehlen sämtliche aktuellen Zahlen zum Haushalt.
  2. Der Rat der Stadt hat weitreichende Eckpunkte zum Haushalt bereits in der Sitzung des Finanzausschusses im Juni 2012 entschieden. Diese Entscheidungen sind bisher nicht nachvollziehbar, weil das öffentliche Protokoll fehlt.
  3. Die Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt gehen zur Beratung nur noch in den Finanzausschuss, nicht aber in den Hauptausschuss. Damit geht die politische Diskussion ein großes Stück verloren.
  4. Die Stadtverwaltung gab die Verschiebung des Bürgerhaushaltes erst auf Nachfrage der Initiative bekannt – wenig vorteilhaft für einen offenen Dialog.

„Der Bürgerhaushalt startet zu einer Zeit, in der der Haushaltsplan noch nicht vorliegt. Der Haushaltsentwurf wird erst im November 2012 eingebracht – dann ist die Vorschlags- und Abstimmungsphase im Bürgerhaushalt bereits beendet“, erklärt Jürgen Droop von der Bürgerinitiative „Demokratie wagen!“. Es bleibt die Frage: In wie weit können Vorschläge gemacht werden, ohne die aktuellen Zahlen zu kennen? „Das ist wie Schwimmen ohne Wasser“, so Droop.

Fraglich ist zudem, wie sich die im Juni 2012 im Finanzausschuss der Stadt beschlossenen Eckdaten auswirken. „Hier fehlt es an Transparenz und Information, weil nichts nachlesbar ist“, bemängelt Detlef Fiedrich von der Initiative. Hier wurden bereits weitreichende politische Entscheidungen getroffen: etwa die Festlegung des städtischen Investitionsvolumens für den Haushalt 2013 und die Folgejahre. Dabei handelt es sich um Zielvorgaben von nachhaltiger Wirkung für die gesamte Stadt. So soll bei einem Schuldenstand von derzeit 109 Mio. Euro die Nettoneuverschuldung vermieden werden. Das Investitionsvolumen solle auf 20 Mio. Euro beschränkt werden. Die dicksten Brocken der Haushaltsaufwendungen werden in den kommenden Jahren die Sanierung der Stadthalle darstellen sowie der Neubau der Berufsfeuerwehrwache und die Sanierung der Feuerwache des Löschzugs Gütersloh. „Damit ist eigentlich schon alles entschieden, für Alternativen ist da kein Platz mehr“, sagt Jürgen Droop.

Gleichfalls entschieden wurde auch, etwaige Ausgabenminderungen durch den demografischen Wandel (weniger Kinder = weniger Infrastruktur dafür) nur zur Verbesserung des Haushaltes einzusetzen. Die demografische Rendite fließt also nicht in die Bildung, sondern in den Schuldenabbau. „Auch hier werden Fakten geschaffen, die durch Bürgerbeteiligung kaum mehr verändert werden können“, so Fiedrich.

Zugleich gehen die Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt nicht zur Beratung in den Hauptausschuss, sondern lediglich in den Finanzausschuss. Damit wird dem Verfahren die politische Dimension genommen. Obwohl die beiden vorausgegangenen Bürgerhaushaltsverfahren gezeigt haben, wie deutlich die Bevölkerung gerade politische Themen favorisiert statt nur Sparvorschläge zu unterbreitent. Das zeigen die Beispiele der Berufsfeuerwehr sowie des Hallenbadneubaus - zwei zentrale Streitpunkte in der öffentlichen Debatte.

Eine wesentliche Änderung bringt das Verfahren Bürgerhaushalt 2013 jedoch noch mit sich: „Nach dem Eingreifen des Landesdatenschutzbeauftragten NRW muss zumindest die Anonymität der Nutzer des Internet gestützten Bürgerhaushalts wieder gewährleistet werden“, erklärt Jürgen Droop von der Bürgerinitiative „Demokratie wagen!“ Das Land hat deutlich hervorgehoben, dass Anonymität ein Recht der Bürger ist.