Kandidatenbetrachtung

  • 24 April 2014
  • jdroop

Zur Kommunalwahl treten 155 Kandidatinnen und Kandidaten an. In 22 Wahlkreisen jeweils sieben Kandidaten, in Wahlkreis 060 jedoch 8 Kandidaten. Ob dies die Gleichheit der Wahl in Frage stellt, wird gerade in der Stadtverwaltung geklärt. Immerhin hätten so nur die Wähler in diesem Wahlkreis die Möglichkeit, zwischen acht Bewerbern auszuwählen, während die übrigen Wähler das nicht können, weil sie in einem anderen Wahlkreis wählen müssen, in denen aber nur sieben zur Wahl stehen. Man darf gespannt sein auf die Antwort.

Wir haben einmal ein paar detaillierte Blicke auf die Bewerber geworfen. Die Grundlage bilden dabei die Wahlkreiskandidaten sowie die Reservelisten. Von den 155 Kandidaten haben wir all diejenigen abgezogen, die schon rein strategisch nicht reinkommen werden, legt man zugrunde, dass in den letzten Jahrzehnten die CDU-Kandidaten die Wahlkreise in Gänze gewonnen haben. So sind in die Betrachtung nur eingeflossen die ersten 30 Kandidaten der CDU, die ersten 25 Personen der SPD, die ersten 12 Personen der Grünen, die ersten 10 der BFGT, die ersten 6 der FDP, die ersten 4 der UWG sowie die ersten 4 der Linken, nimmt man bei den kleinen Fraktionen die Verdopplung der bisherigen Sitze und bei den Mehrheitsfraktionen eine mögliche Aufstockung durch höhere Wahlerfolge analog der bisherigen Sitze an.

Insgesamt treten damit nur 91 Personen in den Blick. Plus ein Unabhängiger. Fakt ist damit schon mal: Es gibt Kandidaten, die zwar einen Wahlkreis inne haben, aber als Kandidaten auf hinteren Listenplätzen der kleinen Parteien/Gruppierungen von vornherein keine Chance auf Einzug in den Rat haben. (Es sei denn, ein Gewählter tritt vom Mandat zurück und die nachfolgenden Listenkandidaten nicken auch alle ab und wollen nicht.) Das muss man wissen, wenn man seine einzige Stimme bei der Wahl abgibt.

Die Wahlkandidaten reihen sich ein in das NRW-landesweite Bild, dass wenige Frauen für politische Ämter kandidieren. Bei der CDU treten 23,33 Prozent Frauen an, bei der SPD 40%, Grüne kommen auf 41,66 Prozent, die BFGT auf 30, die FDP auf 16,66, die UWG auf 25 und die Linke ebenso auf 25 Prozent. Der Männeranteil liegt demnach bei der CDU bei 76,67 Prozent, bei der SPD bei 60 Prozent, bei den Grünen bei 58,33, der BFGT bei 70, der FDP bei 83,33, der UWG bei 75 und bei den Linken ebenso bei 75 Prozent.

Das Durchschnittsalter berechnen wir gerade. Folgt noch - auch parteienscharf.

Der kommende Rat wird ausnahmsweise für sechs Jahre gewählt. Das ist schon fast der Durchschnitt einer deutschen Erst-Ehe. Spannend wird das, wenn man die politische Vergangenheit der Kandidatinnen und Kandidaten hinzuzieht und in Zahlen fasst. Im Kern tritt die alte Garde wieder an. Und das durch die politischen Bänke hindurch.

Die Bewerber der CDU sind besonders alte Hasen: hier findet sich ein Bewerber, der schon 25 Jahre Ratszugehörigkeit auf dem Buckel hat und zur 6. Ratsperiode antritt. Das wäre also schon jetzt die Silberne Hochzeit in einer Ehe. Ein Bewerber ist 20 Jahre im Rat und tritt damit zur 5. Runde an, fünf Bewerber sind 15 Jahre im Rat, fünf weitere sind 10 Jahre im Rat, sechs Bewerber sind 5 Jahre im Rat und treten wieder an, zwölf auf der Liste treten zum ersten Mal an.

Die SPD weist ein ähnliches Bild auf: ein Bewerber ist seit 25 Jahren im Rat und tritt zum 6. Mal an, drei sind seit 20 Jahren im Rat, fünf kommen auf 15 Ratsjahre, vier auf 10 Jahre, einer auf fünf Jahre und elf treten neu an.

Bei den Grünen findet sich auch ein Bewerber mit 25 Jahren Rat, einer mit 20 Jahren, einer mit 15 Jahren, drei mit 10 Jahren, keiner mit 5 Jahren und sechs treten neu an.

Die BFGT kommt auf zweimal 15 Jahre, dreimal 10 Jahre und fünf Neubewerber.

Die FDP scheint einen Jungbrunnen gefunden zu haben, politisch ohne Gewicht zu sein da keine Zugehörigkeit im Dt. Bundestag vorhanden ist, oder aber ein juristisches Seminar hat die Orts-Partei übernommen: hier treten fünf Neubewerber an, während sich nur ein Kandidat seit fünf Jahren im Rat befindet.

Die UWG weist zweimal 15 Jahre Ratszugehörigkeit auf und zwei neue Bewerber.

Die Linke kommt auf einmal fünf Jahre Ratszugehörigkeit und drei neue Bewerber.

Zugespitzt heißt das: wer einmal im Rat ist, bleibt in der Regel länger. Der Wechsel im politischen Personal ist damit schwerfällig und Veränderung nur punktuell möglich. Insbesondere das „Spitzenpersonal“ bleibt auf lange Zeit im Sessel, während sich das Fraktionsvolk offensichtlich durch Stimmarbeit auf die vorderen Plätze arbeiten muss.

Eine Interpretation allerdings wäre – und sie liegt sehr nahe: die alte Garde macht jetzt nochmal Wahlkampf mit ihren bekannten Gesichtern, damit man die Wähler nicht mit Neuem überfrachtet – und nach zwei oder drei Jahren geben diese Alt-Gedienten dann also mitten in der Legislaturperiode ihr Mandat ab - und machen den oft jüngeren und unbekannten Nachrückern von der Reserveliste Plätze frei. Die Parteien profitieren davon, sie mussten ihre „neuen“ Kandidaten nicht jetzt noch mühsam aufbauen und politisch bekannt machen. "Neu" ist dabei relativ, denn viele von diesen Kandidaten waren bereits sachkundiger Bürger in den Ausschüssen, hatten aber noch kein Ratsmandat.

So aber haben die Wähler das dann nicht unbedingt gewollt. Es bleibt abzuwarten, denn sechs Jahre Ratsarbeit ist eine sehr lange Zeit.

Mehr zur Kandidatenschau in Kürze.

Anke Knopp und Jürgen Zimmermann

Korrektur am 27.04.2014